Die Landolfs – Folge 2: Dirk Spaniel

Dr. Dirk Spaniel hat keinen sicheren Listenplatz in Baden-Württemberg, aber auch keinen ganz aussichtslosen. Den zehnten Platz konnte der Ingenieur in einer Kampfabstimmung erreichen. Die Stuttgarter Nachrichten bezeichneten ihn als politisch unbeschriebenes Blatt, der sich gegen einen Kontrahenten vom rechten Flügel durchsetzen konnte. Schaut man auf seine Facebook-Profile, erkennt man jedoch: gemäßigt ist dieser Kandidat keinesfalls.

Likes verteilt Spaniel für rechte Szene-Sternchen wie Ester Seitz, für das Blog „Blaue Narzisse“ – dessen Autoren schon mal die Einführung der Todesstrafe fordern, für die Identitäre Bewegung und Pegida – trotz Unvereinbarkeits-beschlüssen. „Gefällt mir“ klickt der Kandidat aus Stuttgart auch bei den Rechtsaußen seiner Partei: Andre Poggenburg, Björn Höcke und Hans-Thomas Tillschneider. Gut findet er auch die „Patriotische Plattform“. Außerdem gefällt ihm auch sein Parteifreund Wolfgang Gedeon, der wegen antisemitischer Schriften die Landtagsfraktion verlassen musste. Allein diese Liste zeigt, wo sich Spaniel verortet: am rechten Rand seiner Partei.

Fassungslos macht jedoch seine Mitgliedschaft in zwei Facebook-Gruppen, die auf seinem privaten Account einsehbar sind. Die eine nennt sich „Es braust unser Panzer im Sturmwind dahin“ und zitiert damit ein Liedchen der Wehrmacht, was unlängst von der Bundesverteidigungsministerin für unpassend zur heutigen Zeit befunden wurde. An die Stelle der Gruppenbeschreibung wurde ein Zitat von Heinz Guderian gesetzt. Der Soldat machte vor allem unter Hitler Karriere, war zeitweise Chef des Generalstabs des Heeres. Noch im Jahr 1944 schrieb er laut Wikipedia in einem Brief: „Niemand darf fanatischer an den Sieg glauben und mehr Glauben ausstrahlen als Du. … Es gibt keine Zukunft des Reiches ohne den Nationalsozialismus. Deshalb stelle Dich bedingungslos vor das nationalsozialistische Reich.“ Diesen Worten folgend soll er laut britischem Geheimdienst Mitglied eines Bundes von Altnazis gewesen sein, der versuchte die junge Bundesrepublik zu unterwandern. In seinen Schriften nach Kriegsende wirkte er am Mythos der „sauberen Wehrmacht“ mit.

Dieser Mythos wird auch in der Facebook-Gruppe gepflegt. Es bleibt hier keineswegs beim Austausch von Panzerbildchen und Details zu Motorisierungen von Kriegsgeräten, wie man das aus anderen Facebook-Gruppen mit Bezug zum Zweiten Weltkrieg kennt. Hier wird die Wehrmacht aktiv abgefeiert. Immer wieder erinnern die Mitglieder an vermeintlich heroische Schlachten der Wehrmacht und bezeichnen diese als „Siege, die wir feiern sollten“.

Mehrfach verbreiten User Propaganda-Liedgut der Wehrmacht in der Gruppe. Aber auch Reichsbürger-Inhalte werden häufig geteilt: Zu den Krawallen in Hamburg schreibt ein User, der „Werkschutz der BRD Gmbh & Co Gmbh“ sei von „Antifanten“ angegriffen worden, die selbst auf der „Lohnliste der BRD Gmbh“ stünden. Werkschutz wird in der Reichsbürger-Szene als Code für Polizei verwendet und die Verschwörungstheorie, die Antifa sei vom Staat bezahlt hält sich in diesen Kreisen ebenfalls wacker. Ab und an werden in der Gruppe auch auf Veranstaltungen der Reichsbürger wie „verfassungsgebende Konvente“ beworben. Auch antisemitische Narrative der Reichsbürger finden sich in der Gruppe:

Antisemitisches Klischee der Reichsbürgerszene (Quelle: Facebook)

Auf seiner offiziellen Kandidaten-Seite beschreibt Spaniel die AfD in einem Meme als „Partei für mehr Demokratie und Rechtsstaatlichkeit“. In der Gruppe, in der er Mitglied ist, hat man derweil ganz eigene Vorstellungen von Rechtsstaatlichkeit. Ein Zeitungsartikel über Streitigkeiten innerhalb der linken Szene über den Umgang mit Geflüchteten wird dort höhnisch kommentiert: „Ein großer Vorteil hat der kommende ethnisch-religiöse Kleinkrieg: Die in unseren deutschen Großstädten vorwiegend hausenden Antifanten und Umerzogenen werden es von der überaus perversen Kundschaft der Puffmutter Ferkel wahrhaft knüppeldick bekommen. […] Im Sechsjährigen Krieg mußten unsere deutschen Standgerichte noch Überstunden machen, um zu verhindern, daß die Landfeinde in deutschen Landen allzu viele Kommunisten und Liberale vorfinden würden, die sich in deren Heilslehren suhlen können. Dieses Mal jedoch, nehmen uns die ausländischen Heilsbringer diese Arbeit ab. [Fehler im Original, Anm. d. Redaktion]“

Die Bezeichnung „sechsjähriger Krieg“ für den zweiten Weltkrieg ist in der Gruppe ebenso selbstverständlich wie die Rede von „unserem alten Reich“. Nicht erwünscht ist dagegen das Wort Faschismus, wie eine Userin klarstellt: „Das Wort Fasching [von der Userin anstelle „Faschismus“ verwendet, Anm. d. Redaktion] verwenden wir Deutschen aber nicht, weil es einer der Kampfbegriffe unserer Feinde gegen uns ist“

Eine andere Gruppe, in der Spaniel Mitglied ist, nennt sich „Bündnis mit England? Monty, du altes Scheißhaus! Sagt da unser Wüstenfuchs“. Der lustig klingende Name hat nichts mit Monty Phyton zu tun. Gemeint ist der englische General Montgomery, der im zweiten Weltkrieg Truppen gegen Hitler kommandierte. In dieser Gruppe wird er jedoch ausschließlich als „Scheißhaus Monty“ bezeichnet. Als Wüstenfuchs bezeichnete die NS-Propaganda den General Rommel. Die Inhalte in der Gruppe sind fast deckungsgleich zur bereits geschilderten Gruppe. An einer Stelle führt eine Userin ausführlich ihre Vorstellungen über die deutsche Geschichte aus:

Unverhohlene Verherrlichung des Nationalsozialismus (Quelle: Facebook)

Im folgenden Absatz behauptet sie, die Polen hätten den Krieg provoziert, indem sie 300.000 Deutsche „wie Vieh“ getötet hätten.
Was in diesen Gruppen passiert, ist eine glasklare Verherrlichung des Nationalsozialismus. Man fragt sich, was in aller Welt ein Kandidat für den Bundestag dort verloren hat.

Schreibe einen Kommentar