Analyse zu den Wahlen in den Niederlanden

Nachdem das Wahlresultat aus den Niederlanden veröffentlicht wurde ist die Erleichterung in den Medien groß. Das auf Wahlumfragen aus dem vergangenen Jahr basierende Horrorszenario, Wilders PVV könnte stärkste Kraft im niederländischen Parlament werden, ist nicht eingetroffen. Von einer großen Trendwende zu reden, wie manche es jetzt bereits tun, macht aber wenig Sinn. Man muss das Wahlresultat etwas differenzierter betrachten.

Denn Premier Ruttes VVD ist zwar stärkste Fraktion in der Zweiten Kammer geblieben, hat allerdings gegenüber 2012 5 Prozent der Wählerstimmen verloren. Deren Koalitionspartner, die sozialdemokratische PvdA, ist förmlich implodiert und kommt nur noch auf 5,7 Prozent. Wilders PVV konnte gegenüber 2012 Stimmen hinzugewinnen und wird mit 13,1% der Stimmen in dem extrem fraktionierten Parlament zweitstärkste Kraft.

Die mit 82 Prozent sehr hohe Wahlbeteiligung deutet einerseits darauf hin, dass die PVV nicht mehr sehr starke Zugewinne aus dem Reservoir der Nichtwähler_innen erwarten kann. Im vergangenen Jahr konnten Rechtspopulist_innen beim Brexit, bei den US-Wahlen aber auch bei den Landtagswahlen in Deutschland, hier viele Stimmen hinzugewinnen. Dies scheint Wilders nicht gelungen zu sein. Auf der anderen Seite hat allerdings die VVD möglicherweise einen Teil des rechtspopulistischen Wählerpotentials abgeschöpft. Zum Einen schlug Rutte im Wahlkampf immer wieder rechtspopulistische Töne an. So sagt er, dass Migrant_innen die sich nicht „normal“ benehmen würden, gehen sollten. Zudem könnte der Konflikt um die Auftritte türkischer Politiker_innen und Ruttes harte Haltung in der Frage, der VVD rechtsaffine Wähler_innen zugespült haben. Ruttes Wahlkampf machte auch deutlich wie stark der politische Diskurs in den Niederlanden sich in den vergangenen zehn Jahren nach rechts verschoben hat. Zum Anderen konnte mit dem Forum voor Democratie eine zweite rechtspopulistische Partei in das niederländische Parlament einziehen. Da es in den Niederlanden keine 5-Prozent-Hürde für den Einzug ins Parlament gibt, reichten ihr bereits dabei 1,8 Prozent der Wählerstimmen.

Diese zunehmende Polarisierung auf der kulturellen Ebene scheint eine der Haupterkenntnisse aus dem Wahlkampf in den Niederlanden zu sein. Denn auf der anderen Seite des Wählerspektrums konnten vor allem Parteien mit klaren gesellschaftlich liberalen Positionen punkten. So etwa GroenLinks die 6,7 Prozent hinzugewinnen konnten oder die Partei Migrant_innenpartei DENK, die mit 2 Sitzen ins Parlament einziehen konnte. Die PvdA hingegen verlor mit einem Wahlkampf, der versuchte dem Rechtspopulismus einen „progressiven Patriotismus“ entgegen zu setzen. Dass ökonomische und soziale Konflikte bei diesen Wahlen nur zweitrangig waren, zeigt sich auch an dem Wahlresultat der Socialistische Partij, der niederländischen Linkspartei, die trotz des Zusammenbruchs der Sozialdemokraten keine Stimmen hinzugewinnen konnten.

In Bezug auf die anstehenden Wahlen in Frankreich und Deutschland lässt sich sagen, dass sich mit einem polarisierenden Wahlkampf um die Themen Migration und EU zurzeit Wähler_innen stark mobilisieren lassen und das auf beiden Seiten des politischen Spektrums. Den Rechtspopulismus zurückdrängen kann man damit aber nicht. Wilders konnte seine Stimmanteile bei dieser Wahl sogar ausbauen. Schwächen würde die rechtspopulistischen Parteien vermutlich eher ein Wahlkampf um ökonomische und soziale Fragen. Ob sich das gegenwärtig allerdings realisieren lässt, ist fraglich.

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